Mit Opa am Canal Grande (Susanne Fülscher)

Inhalt:
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© Ullstein Verlage – List

Opa Johann ist bei facebook. Und da schreibt ihn eine geheimnisvolle Emilia aus bella italia an. Der 83-jährige fällt aus allen Wolken, als diese Emilia einige Zeit darauf vor der Haustür steht und erklärt, dass sie seine Enkelin sei. Auch die anderen Bewohner des Haushalts, Sohn Thomas, Schwiegertochter Astrid und Enkelin Lucie sind völlig verdattert und glauben erst, dass es sich um einen Scherz handele. Doch Opa Johann kann sich nach dem ersten Schock bruchstückhaft erinnern, dass er auf einer Italienreise vor etlichen Jahrzehnten im Norden Italiens eine junge Frau getroffen hatte. Relativ spontan beschließt er nach Venedig zu reisen und dort inkognito einen Sprachkurs zu machen, bei Franca, seiner Tochter. Die allerdings ihrer Tochter Emilia deutlich gemacht hat, dass sie nix wissen will von ihrem Erzeuger. Allerdings verlässt ihn dann doch der Mut und Astrid und Lucie müssen ihn begleiten. Und Venedig verzaubert alle drei und lässt sie einiges in ihrem Leben überdenken. Allerlei Irrungen und Wirrungen muss Familie Conrady durchmachen und letztlich ist es den Cousinen Lucie und Emilia zu verdanken, dass es doch zu einem Happy-end kommen kann.

Erster und letzter Satz:

Es war spät.
Vielleicht zu spät, um Lucie und Opa Johann eine SMS mit irgendeinem sentimentalen Geschwätz über Venedig zu schicken, aber immer noch früh genug, um gleich mit Thomas einen weiteren Spritz trinken zu gehen.

Persönliche Meinung:

 Susanne Fülscher nimmt den Leser mit in einen etwas chaotischen Familienalltag, bei dem alle aneinander vorbei leben und besonders Mutter Astrid – nach einer langen Familienpause – versucht ihrem Leben mit einer beruflichen Tätigkeit eine neue Wendung zu geben. Daher kommt es ihr gar nicht so ungelegen, dass sie mit Opa Johann nach Venedig reisen soll. Astrid wird als richtige Gluckenmutter dargestellt und lernt erst mit der Zeit, dass sie sowohl Lucie als auch Opa Johann die Chance geben muss, ihr eigenes Leben zu leben. Opa Johann wird als gewissenhaft gezeigt, aber immer wieder verlässt ihn dann im entscheidenden Moment der Mut und so gibt´s ein großes Kuddelmuddel und seine Tochter Franca glaubt, dass er sich in sie verliebt hätte. Lucie fand ich etwas schwierig, weil sie nie ihre eigenen Entscheidungen trifft, sondern immer die Ideen anderer übernimmt. Sie will nicht Pharmazie studieren, tut´s aber halbherzig doch, weil es ihrer Mutter gefällt. Dann trifft sie im Italienisch-Kurs Pawel aus reichem Hause, der die Welt verbessern will und findet seine Idee nach Indien zu gehen, um dort zu helfen, plötzlich super. Ich fand schade, dass Lucie nicht mehr eigene Wünsche und Ideen verwirklichen will. Dass Astrid sich manchmal ganz schön einmischt und überbehütet, ist passend zur Geschichte gestaltet, war aber beim Lesen ab und zu etwas anstrengend. Auch Franca und Emilia sind etwas klischeehaft als Italiener gekennzeichnet. Aber alles in allem sind die Figuren stimmig in der Geschichte verankert. Witzig fand ich Einfall, dass der eine Chinese aus dem Italienischkurs plötzlich auch deutsch kann. 
Das Buch beinhaltet wunderschöne Beschreibungen von Venedig, bei denen man merkt, dass die Autorin mehrmals vor Ort gewesen ist und nicht einfach ein Venedig erfindet. Gefallen hat mir auch, dass der erste und der letzte Satz Bezug aufeinander nehmen, weil sich so der Kreis schließt.
Dieses Buch ist eine nette Lektüre mit freundlichen Figuren für graue Herbsttage auf dem Sofa, um nochmal ein bisschen italienische Sonne einzufangen.
 
Das Cover zeigt eine grobkörnige Zeichnung im Stile eines Fotos, das als Kulisse im Hintergrund die Palazzi Venedigs aufweist und im Vordergrund, auf dem Canal, eine der berühmten Gondeln mit einem Gondoliere im gestreiften Hemd. In der Gondel sitzen ein älterer Herr mit Hut und eine junge Frau mit rotem Schirm. Links am Bildrand sind zwei der gestreiften Stangen zu sehen, an denen die Gondeln festgemacht werden. Das Bild passt sehr gut zum Inhalt des Buches. Auch der Titel ist passend ausgewählt worden.
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Grandpa Johann is staggered as a young italian girl Emilia visits him and tells that she´s his granddaughter. Until now he lived in the house of his son Thomas and daughter-in-law Astrid. His granddaughter Lucie registered him by facebook, and there Emilia contacted him. Her mother Franca, Johann´s daughter, didn´t want to have contact to her father. But now Johann wants to get to know his daughter and plans a trip to Venice. He wants to take part at her italian course incognito. Astrid and Lucie accompany him. And it needs the help of Lucie and Emilia for a happy-end. 
I liked the book – although the figures are a bit stereotype. Astrid is a sitting hen, who wants to patronize Lucie and Johann and needs the time in Venice to understand, that they have their own life. Lucie has not really an own idea of her life, and I thought it would be possible to give her in Venice the time to think about what she really wants to do. Emilia and Franca are shown as „typical italian“ – bubbly and fervid. But this book is a nice story to read at a gray autumn-day at the sofa to catch a bit of italian sun.

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