Alexandra Kaltenbacher ist freie Journalistin, bei Greenpeace aktiv und auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit. Sie soll über die Lage am Bodensee berichten: die Fischbestände sinken dramatisch, die Fischer fühlen sich von der Politik im Stich gelassen und eine Aquakulturanlage könnte die Situation retten. Oder doch nicht? Mit diesem Auftrag beginnt auch eine Reise in ihrer eigene Familiengeschichte. Als sie auf einen Mann trifft, der ihr erzählt, dass er Informationen zum Verschwinden ihrer Mutter hat, wird Alex neugierig. Und als dieser Mann tot im Ried aufgefunden wird, will sie endlich die Wahrheit wissen. Ist ihre Mutter damals wirklich verschwunden und hat sie und ihre Schwester Amrei im Stich gelassen? Oder wurde sie ermordet? Vielleicht von ihrem Vater, dem Fischer Konrad Kaltenbacher?
Gemeinsam mit dem Privatdetektiv Martin Schwarz geht sie dem alten Fall auf den Grund – und versucht Licht in den Fischerkrieg am Bodensee zu bringen. Doch was die beiden herausfinden, gefällt nicht jedem…
Im vierten Band der Martin-Schwarz-Reihe geht der Konstanzer Autor Matthias Moor der Diskussion um die sinkenden Fischbestände am Bodensee auf den Grund. Glänzend recherchiert beleuchtet er dieses Problem aus den verschiedenen Blickpunkten – die unterschiedlichen Standpunkte ordnet er innerhalb seiner Geschichte den Protagonisten zu. Und kann so jede Position ausführlich und glaubhaft dargestellt werden, sodass man als LeserIn diese nachvollziehen kann. Auf diese Weise ist man in der Lage sich selbst eine erste Meinung zu bilden. Dabei wertet der Autor nicht, sondern bietet seine jahrelange Recherche zu diesem Themenfeld als Grundlage für eigene Analyse an.
Die Figuren sind sehr differenziert und psychologisch ausgereift präsentiert und so kann man schnell eine Verbindung oder Abneigung herstellen. Gerade die Hauptpersonen Alexandra, Martin, Konrad, Johannes und Markus werden sehr genau beobachtet und ihre Handlungsweisen dargestellt.
Der Fischerkrieg bietet die Bühne für eine alte Familienfehde und unverarbeitete Familiengeheimnisse. Jede Menge Personen aus der Vergangenheit helfen direkt oder indirekt dabei den Vermisstenfall von Alexandras Mutter aufzudecken – und der eigentliche Täter ist dann eine kleine Überraschung, weil man ihn lange nicht auf dem Schirm hat. Aber wenn man die gesamte Geschichte überblickt, dann ist der Täter die logische Schlussfolgerung.
Besonders schön fand ich die detailreiche Beschreibung der Begebenheiten und Örtlichkeiten hier am See. Auch wenn man die Orte nicht persönlich kennt, kann man sie sich beim Lesen sofort vorstellen – und vielleicht möchte man ja dann auch mal hierher reisen.
Die persönliche Geschichte von Martin Schwarz nimmt in diesem Band eine große Fläche ein, ohne dabei langweilig zu werden oder ins Seichte und Unwichtige abzudriften. Besonders gefielen mir mal wieder zwei Nebenfiguren: Martins Tochter Kim und sein Kumpel Zwille. Schade fand ich, dass Alexandras Schwester Amrei doch im Schatten blieb – schließlich betrifft sie die Lösung des Vermisstenfalls auch. Schön herausgearbeitet waren die Zweifel und Unsicherheiten der Fischer, die zwar das Gefühl haben was tun zu müssen, aber nicht die verbissene Sturheit von Konrad Kaltenbacher haben. Dieser wirkt durch seine Verschlossenheit und seinen Starrkopf schon fast gefühlskalt und man schwankt die ganze Zeit, ob man Mitleid mit dem einsamen Fischer haben soll oder ob man kopfschüttelnd weggehen möchte.
Wer sich für den Bodensee und die Fischerei am See interessiert und sich von einem gut geschriebenen Kriminalfall mit spannenden Figuren unterhalten lassen will, der sollte den vierten Martin-Schwarz-Krimi unbedingt lesen.
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