jasper-fforde-fall-jane-eyre-dtv-gruessevomsee

© dtv Verlag

Eins der skurrilsten, schrägsten Bücher, das ich je gelesen habe, aber auch eins der durchdachtesten. Das Buch spielt in einer nicht genauer definierten Gegenwart, in der England sich mit Russland um die Krim bekriegt und von einer geheimnisvollen Organisation namens Goliath mehr oder weniger beherrscht und gelenkt wird, auch wenn es ein Parlament gibt. Die Special-Operations sind quasi die Polizei und in verschiedenen Unterabteilungen eingeteilt. Eine davon sind die Literatur-Agenten, deren Aufgabe es ist, das Literaturgut der Nation zu beschützen und auch dafür zu sorgen, dass sich die Geschichten nicht verändern. Das kann durch Unachtsamkeit passieren oder eben durch böse Fieslinge wie Acheron Hades. Der war mal Literaturprofessor und wurde dann abgrundtief böse. Eine seiner ehemaligen Studentinnen war Thursday Next – und sie ist die einzige, die den mysteriösen Hades von Angesicht kennt. Deshalb wird sie zu einer anderen Spec-Ops-Einheit abgezogen, um Hades zu fassen, der das Originalmanuskript von Martin Chuzzlewit geklaut hat. Doch die Gefangennahme geht gnadenlos schief und drei Agenten werden getötet, Thursday schwer verletzt. Sie überlebt nur, weil Mr. Rochester aus Jane Eyre plötzlich in ihrer Gegenwart auftaucht und die Blutung verbindet bis die Ärzte da sind. Im Krankenhaus hat sie dann eine noch seltsamere Begegnung, denn plötzlich fährt ein quietschgrüner Porsche ins Zimmer, die Fahrerin erklärt ihr, dass sie einen Posten in ihrer Heimatstadt Swindon annehmen soll – und verschwindet wieder. Swindon hatte sie vor langer Zeit verlassen, auch wegen ihrer schwierigen Beziehung zu Landen Parke-Laine. Doch sie hört auf den Rat und kehrt zurück, in die dortige LitAg-Abteilung. Doch dort hat sie keinesfalls einen ruhigen Arbeitstag, denn ihr Onkel, der geniale aber etwas durchgeknallte Mycroft Next wurde entführt mitsamt seiner neuesten Erfindung, einem Prosa-Portal. Leider ist seine Frau Polly durch diese Erfindung gerade in einem Gedicht gefangen, weil sie nicht mehr rechtzeitig rauskam. Die Entführung geht auf Hades zurück. Die Arbeit der LitAgs wird behindert durch Jack Shitt, ein ranghohes Mitglied der Goliath Corporation, der das Prosa-Portal braucht, um eine Waffe herzustellen, die in der Wirklichkeit nicht funktioniert. Schließlich wird Jane Eyre aus ihrem Roman entführt und ganz England ist empört. Wird es Thursday und ihrem Team gelingen Jane zurückzubringen? Und welche Bedeutung hat Mr. Rochester für Thursdays Leben? Wird Jack Shitt sein Gewehr bekommen oder können sie ihn aufhalten? Und kann Hades endlich besiegt werden?

 
Der Autor ist sehr einfallsreich was die Namen der Personen angeht, das ist so ne Mischung aus Harry Potter, weil viele Namen eine Bedeutung haben, und Loriots Sketch mit den vielen englischen Namen. Ein bisschen Sherlock Holmes kommt natürlich auch drin vor. Generell gibt es viele Anspielungen auf Literatur und Kunst, so bekämpfen sich z. B. die Surrealisten und die Raffaeliten (für mich als Kunsthistorikerin natürlich sehr lustig). Den Einstieg in die Geschichte fand ich etwas schwierig, weil diese Realität sehr ungewöhnlich ist und man sich zeitlich nicht so ganz verorten kann. Aber die Figuren sind einfach nur einfallsreich gestrickt. Thursdays Vater zum Beispiel ist ein Agent der ChronoGarde und kann in der Zeit reisen, ist aber leider auf der Flucht und erscheint immer mal wieder. Ihr Buder Joffy ist Priester einer Einheitskirche, und ihr Onkel eben ein genialer Erfinder, der Bücherwürmer füttert. Erstaunlich fand ich, dass die titelgebende Jane Eyre erst sehr spät eine Rolle in der Geschichte spielt. Das Cover gefällt mir sehr gut. Der Scherenschnitt von Jane Eyres Kopf ist der Hintergrund für den Titel und wird umgeben von einem rosa-magenta Hintergrund, in dem verschiedene Motive aus der Geschichte zu sehen sind. Wer gerne liest und auch schonmal den einen oder anderen Klassiker in der Hand hatte (oder in der Schule lesen musste), wird Spaß haben an diesem Buch und sollte sich vom etwas komplizierten Einstieg nicht abschrecken lassen. Einfach akzeptieren, dass das Buch seine eigene Zeitrechnung hat und genießen!

Merken

Merken