Ich will es doch auch (Ellen Berg)*

Vielen lieben Dank für das Rezensionsexemplar. Und liebes Aufbau-Verlag-Team, danke für eure nette Karte! Ich hab mich riesig darüber gefreut!

                 

Inhalt:

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© Aufbau Verlag

Charlotte Meininger ist leicht übergewichtig, 40 Jahre alt, ohne Mann und erfolgreich als Herzspezialistin in der Vitalis-Klinik. Doch von Herzensangelegenheiten, die über das medizinische hinausgehen, hat die Ärztin keinen blassen Schimmer. Völlig verängstigt huscht sie durchs Leben und versucht nicht aufzufallen und aufgrund ihrer Phobien möglichst wenig Kontakt zur Außenwelt zu haben. Doch eigentlich ist sie unglücklich und sehr einsam und völlig in ihren Zwängen gefangen. Ihre Eltern, die ihr Leben völlig kontrollieren (inkl. der Therapeutin, die regelmäßig berichtet), wollen sie mit einem standesgemäßen Herrn verheiraten, schließlich wird Charlotte nicht jünger und sie wollen noch Enkelkinder, wo doch der Sohn Marc vor den Eltern nach San Francisco geflohen ist, weil sie nicht akzeptieren konnten, dass er schwul ist. Doch plötzlich taucht der Klempner Uwe in Charlottes Leben auf und bringt alles gehörig durcheinander. Denn Charlotte verliebt sich in den unkonventionellen Uwe, der sie so akzeptiert wie sie ist und ihr hilft einen Spendenskandal an ihrer Klinik aufzudecken. Außerdem zeigt er ihr auf, dass ihre angeblich beste Freundin Antonia ein falsches Miststück ist. Doch ein Klempner und eine Ärztin? Kann das gut gehen? Und was sagen die Leute dazu? Sollte sie das interessieren? Eine große Stütze für Charlotte ist in dem ganzen Durcheinander die adlige Holly, eine ältere Dame, die nach dem Pipi-Langstrumpf-Prinzip ihr Leben lebt, wie es ihr gefällt.

 Erster& letzter Satz:

Traumhochzeit, dachte Charlotte.

„Ich will es doch auch!“

Persönliche Meinung:

Charlotte Meininger erinnert einen mit ihrem komplett durchgeplanten Leben ein bisschen an Sheldon Cooper. Freitags gibt´s immer Lasagne und Sonntag ist Pizza-Abend mit Hollywoodfilm. Aber trotz dieser Marotten und ihrer Zwänge, wegen denen sie einem manchmal wirklich leid tut, gelingt es der Autorin Charlotte überaus sympathisch zu gestalten. Irgendwie erkennt man sich ab und zu in der Protagonisten wieder. Zumindest ging´s mir so. Es ist sehr amüsant Charlotte auf ihrem Weg in die „Freiheit“ zu begleiten und mitzuerleben wie sie lernt ihren eigenen Willen zu entwickeln.Vermutlich ist sie auch deshalb so sympathisch, weil Charlotte auch selbst erkennt, dass ihre Macken etwas seltsam sind und sie gegen sie ankämpft, aber bisher einfach niemanden hatte, der ihr hilft und sie dabei unterstützt. Ihre absolut ätzenden und versnobbten Eltern halten sie künstlich klein und bestimmen vollständig über ihr Leben. Und ihre angeblich beste Freundin Antonia nutzt sie aus, wo es nur geht. Charlotte wird als naiv und unselbstständig dargestellt, sie merkt überhaupt nicht was um sie herum und mit ihr gespielt wird. Und da kommt Uwe, der strahlende Ritter, um die Ecke und hilft ihr sich selbst zu lieben. Uwe kreuzt nicht auf einem weißen Gaul auf, sondern in einer Rostlaube von Lieferwagen und rettet sie jedesmal, wenn es nötig ist. Er zeigt ihr eine Welt, die sie überhaupt nicht kennt (Fußballstadion, Billiard-Kneipe etc.) und langsam kann sie sich aus ihren Zwängen befreien. Aufgrund ihrer unterschiedlichen sozialen Stellung (Ärztin, Klempner) sind sie auf den ersten Blick sehr ungleich, aber in den wesentlichen Dingen stimmen sie überein.
Das Buch hat einen herrlich schrägen und manchmal auch fiesen Humor, der der Bussi-Bussi-Gesellschaft den Spiegel vorhält. Die Nebenfiguren sind überspitzt gezeichnet. Sprachlich ist die Geschichte schön geschrieben. Passend zur neurotischen Figur von Charlotte fand ich es eine witzige Idee, dass sie alle Situationen mit 1., 2., 3. durchorganisiert. Dass auch grad noch ein Spendenskandal aufgedeckt wird und Charlotte am Ende selbst erkennt wie fies Antonia ihr mitgespielt hat und sich von ihr lösen kann, zeigt dann dass Charlotte endlich eigenständig geworden ist. Meine Lieblingsfigur war ohne Zweifel mal wieder eine Nebenfigur, nämlich die Gräfin Holly, die Charlotte eine gute Freundin und Ratgeberin wird. 

 

Eine wirklich lustige, nachdenkliche und vergnügliche Geschichte über ein ungleiches Paar und den Unsinn von „Up-“ oder „Downdating“- Regeln.

 

Cover& Titel:

Das Cover zeigt eine gemalte Straßenszene. Im Vordergrund der verschneiten Szene steht eine ältere, grauhaarige Dame im blauen Wintermantel mit roter Mütze und Handschuhen, die einen Käscher in der Hand trägt und sich hinter einem sehr dünnen Bäumchen zu verstecken scheint. Im Mittelgrund läuft ein Herr mit Mantel, Hut und Aktentasche durch den Schnee, während im Hintergrund Häuser und Autos zu sehen sind. Das Cover ist zwar schön gestaltet, hat für mich aber nix mit dem Inhalt zu tun. Denn die ältere Frau, die da auf Männerfang geht, kann kaum Charlotte sein. 
Den Titel „Ich will es doch auch!“ finde ich passend gewählt, weil es ausdrückt, was Charlotte am Ende des Buches erkannt hat, sie macht nur noch Dinge, die sie will. Und witzig ist natürlich auch der Untertitel „(K)ein Beziehungs-Roman“.

 

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This book is about a woman, the doctor Charlotte Meininger, who works in a hospital and has some social problems. Because of the fearfull education of her parents she´s afraid of people, public toilets etc. But she´s around 40 and all the people tell her, that she gots more and more problems to find the man of her life. And also her parents put pressure on her, because they want grandchildren. So they start to pair her off to a respectable, but boring banker. Unfortunately, Charlotte falls in love to Uwe, a plumber. This is of course not, what the social environment of Charlotte deem as a perfect man. But Uwe helps Charlotte to overcome her compulsions and accepts her like she is. And he gives her a reality check about her „best friend“ Antonia (a real bitch), her parents (completely annoying) and her boss (embezzles money). 
I really loved to read this book. Although Charlotte is a Sheldon-Cooper-type, she´s very friendly. And it´s nice to accompany her on her way to a self-determined life.   

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