Mordkap (Rainer Doh)

Darum geht´s:

Auf der Hurtigrute, dem Post- und Transportschiff, das die Küstenorte Norwegens miteinander verbindet, ist vor allem bei deutschen Rentnern beliebt. Als ein Reisender auf dem Schiff Selbstmord begeht, versucht die Besatzung so weit es geht alles vor den Gästen zu verheimlichen. Das Wetter ist schlecht, es hat Minus 20 Grad und die nordnorwegische Kriminalpolizei aus Tromsø kommt nicht zum Schiff durch. Daher wird ein einfacher norwegischer Landpolizist, Arne Jacobson,in Skjervøy an Board gebracht, um erste Ermittlungen zu führen – damit die deutsche Botschaft beruhigt ist. Doof nur, dass Arne Jacobson einiges seltsam vorkommt. Und dann schlägt nicht nur das Wetter plötzlich Kapriolen und die See schüttelt das Schiff ordentlich durch. Plötzlich hat es Arne mit einer ganzen Horde Agenten zu tun. Oder ist doch alles ganz harmlos?

Meine Meinung:

Wie du weißt, bin ich ja großer Norwegenfan und auch schon zweimal auf der Hurtigrute gefahren. Da musste ich natürlich zugreifen als ich das Buch „Mordkap“ im Regal der Stadtbibliothek gesehen habe. Das Wortspiel „Mordkap – Nordkap“ fand ich natürlich amüsant. 

Und um es vorneweg zu nehmen, ich fand das Buch eine tolle Geschichte und ein super konstruierter und sehr spannender Krimi, der einige Thrillerelemente aufweist. Es ist zeitweise nicht möglich das Buch wegzulegen, weil man wirklich Angst um Arne und das Schiff hat. 

Ja, es spielen viele Zufälle mit (natürlich gibt es im Verlauf der Geschichte das schlechteste Wetter, das Nordnorwegen seit langem gesehen hat), aber das tut der Geschichte kein Abbruch. Als erfahrener Krimileser merkt man relativ schnell, dass es sich beim Selbstmord nicht um einen gewöhnlichen Selbstmord handelt und hat schnell den Verdacht, dass da was nicht stimmt an Board. Aber welche Ausmaße dieses Gefühl annimmt, das kann man am Anfang noch nicht ahnen. Die gut konstruierte Geschichte ist bis kurz vor Ende undurchsichtig, sodass man relativ lange im Dunkeln tappt. 

Die Geschichte startet etwas schleppend, wird aber mit dem Fortgang der Geschichte spannend, rasant und dramatisch – um mal im Bild des Schiffes zu bleiben: der Krimi nimmt Fahrt auf. 

Plötzlich hat jede wichtige Figur eine weitere Identität oder irgendwas mit dem versteckten Plot zu tun und man ist – ähnlich wie Arne und die Kriminalpolizei – anfangs verwirrt, wer welche Rolle spielt und man weiß lange nicht wer Freund und wer Feind ist. Die Figuren sind alle durchgehend überzeugend und trotz manchem Klischee-Alarm mit einem Augenzwinkern gezeichnet. 

Etwas unlogisch – aber für den Fortgang der Geschichte nötig – fand ich die Tatsache, dass plötzlich alle Nationen ihre jeweiligen Agenten nicht mehr erreichen können. Und dass das die jeweiligen Vorgesetzten aber nur mässig beunruhigt. Allerdings fand ich es etwas schade, dass die Norweger sehr lange sehr blauäugig dargestellt werden – als ob sie überhaupt nicht mitbekommen, dass Geheimagenten mehrerer Nationen in ihrem Land und auf ihrem Schiff operieren. 

 Man fährt mit der Midnatsol einmal die Strecke der Hurtigrute hoch und wieder runter – wo man sich befindet, weiß man als Leser immer an den Kapitelüberschriften. So verliert man nie den Überblick, ob man sich gerade auf einem Abschnitt der Schiffsreise (und auf welchem) oder in einem der Büros der Agenteneinheiten befindet. 

Ich nehme an, dass der Autor die Strecke mindestens einmal gefahren sein muss. Denn seine Beschreibungen des Schiffsalltags unter den Gästen ist sehr authentisch. Und die Informationen „behind the scenes“ aus dem Alltag der Besatzung und deren Abläufe klingen sehr detailliert und von Profis erfahren. 

Nebenbei lernt man beim Lesen auch noch was über norwegische Landschaft, Geschichte und Kultur – das fand ich super. So ist das Schiff nicht einfach nur eine Bühne, auf der ein Krimi spielt, sondern das Schiff und die Fahrt sind Teil der Geschichte. Einzig die angedeutete Liebesgeschichte zwischen Arne und Britta hätte man sich sparen können – oder sie richtig in die Geschichte einbeziehen. 

Der Krimi „Mordkap“ reiht sich ein in die tolle skandinavische Krimilandschaft! Lohnt sich zu lesen. Und die Fahrt mit der Hurtigrute lohnt sich sowieso (die im übrigen keine Kreuzfahrtlinie ist, auch wenn sie so im Klappentext beworben wird). 

Rainer Doh | Mordkap | atb Verlag | 2017

Cover: atb Verlag