Darum geht´s:

Man feierte den 100. Todestag des großen, wenn auch nicht unumstrittenen schwedischen Schriftstellers August Strindberg in der Stockholmer Innenstadt. Auf dem Heimweg von der Party wird der Ständige Sekretär der Nobelakademie in einem Park hingerichtet – erschossen mit einem Revolver aus dem 19. Jahrhundert. Die Polizei steht vor einem Rätsel, vor allem als innerhalb weniger Stunden weitere Ermordungen folgen. Jedes Mal trifft es ein Mitglied der Akademie, die den Literaturnobelpreis vergibt. Eiligst werden die übrigen Akademiemitglieder unter Schutz gestellt. Doch das Morden geht weiter. Der Täter spielt ein perfides Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei und so geht Kommissarin Claudia Rodriguez ungewöhnliche Wege, in dem sie einen Literaturexperten, ihren alten Freund Leo Dorfmann, in die Ermittlungen mit einbindet. Ob sie diese Entscheidung bereuen wird?

Ich liebe ja skandinavische Krimis. Meine Liebe zu Skandinavien gab es schon vor meinem Skandinavistik-Studium, hat sich aber dadurch noch vervielfacht. Und gelesen habe ich Krimis, auch skandinavische, ebenfalls immer schon. Aber seit ich in der Uni mal einen Kurs zum Thema „Skandinavische Krimiliteratur“ belegt habe, bin ich von den skandinavischen Krimis angetan. Und so habe ich mich sehr auf diesen Krimi gefreut. Und dann spielt er auch noch im Literaturmilieu! Perfekt. Ein bisschen Angst hatte ich, wieder mal einem Klischee-Kommissar aus Skandinavien zu begegnen (die ja in letzter Zeit irgendwie alle ein Psycho- oder Alkoholproblem haben). Schräge Charaktere schuf der Autor, aber sie sind allesamt spannend und durchdacht geschrieben, auch wenn die Kommissarin als typische Einzelgängerin gezeigt wird. Spannend fand ich die Kombination der toughen Ermittlerin mit dem etwas weltfremden, Literatur liebenden Antiquar. Der ist – obwohl so alt wie Claudia – schon merklich schrullig und eigenbrötlerisch, aber in seiner manchmal hilflosen Art sehr liebenswürdig. Der Migrationshintergrund von Claudia war mir ein bisschen zu konstruiert, um einen Grund zu haben sie intern zu mobben und eine Erklärung zu haben, weshalb sie auch zu Schichten Kontakt hat, in die die Polizei sonst schwer Einblick bekommt.

Die Geschichte entwickelt sich gleich rasant, ist spannend bis zum Schluss, teilweise ein bisschen gruselig und atmosphärisch dicht erzählt. Die Stadt Stockholm (eine meiner Lieblingsstädte) dient als Bühne für die Verbrechen, außer einigen Straßennamen, Stadtvierteln und markanten Gebäuden erfährt man nicht so viel über die Stadt. Durch Thriller-Elemente und die Tatsache, dass man fast immer bei den beiden Hauptermittlern ist, lassen einen richtig mitfiebern. Die Auflösung war für mich überraschen, aber auch ein bisschen kitschig und konstruiert. So war mir die Szene im Stadtarchiv zu lang und konstruiert – ich fand hier war eindeutig der Wunsch vorhanden das Ende ein wenig herauszuzögern. 

Sehr lange tappt man wie die Ermittler im Dunkeln, was das Motiv des Täters angeht. Schnell ist zwar klar, dass es um die Mitglieder der Nobelpreis-Akademie für Literatur geht, aber wieso wer sterben muss, ist lange ein Rätsel. Der Täter geht eiskalt, sehr brutal und bis ins Detail durchdacht vor. Auch wenn die Morde wirklich grausam sind, ertrinkt man als Leser nicht in literweise Blut wie bei anderen Krimis. Und gerade dadurch wirkt die Geschichte umso brutaler. Wir haben es hier mit einem sehr präzisen und intelligenten, vor allem aber skrupellosen Täter zu tun, der perfekt vorbereitet ist. Selbst die gesamte Staatsgewalt Schwedens (und in einem Nebenschauplatz auch Frankreichs) scheint machtlos gegen ihn zu sein, zumindest gelingt es ihnen nicht die Mitglieder zu schützen. Und so begleitet man atemlos die Polizei bei ihrer Jagd auf den Mörder, der immer wieder einige Schritte voraus ist. Genial wird in diese Jagd Leben und Werk des schwedischen Autors August Strindberg verwoben, ein ebenso verrückter wie großartiger Schriftsteller, mit dem man sich unbedingt mal befassen sollte. Um seine Bedeutung für die schwedische Literatur rankt sich dann auch ein großes Geheimnis, das für den Fall wichtig ist. Etwas unlogisch und unrealistisch fand ich, dass Leo und Claudia immer wieder in die geheimen Archive der Akademie vordringen können, von der Polizei dort der niemand recherchiert. Aber gut, dieses Krimielement ist nötig, um ihnen immer wieder einen Vorsprung zu verschaffen. 

Fazit

Wer skandinavische Krimis liebt, aber eine Geschichte ohne Blutvergießen und klischeehaften Kommissar sucht, der ist hier gut beraten. Die Geschichte ist fast durchgehen stringent und immer spannend, die Personen sinnvoll und durchdacht strukturiert. Wer jedoch schwache Nerven hat, für den ist das Buch nichts, denn auch ohne literweise Blut ist dieser Täter einer der brutalsten und präzisesten der Krimiliteratur – auch der skandinavischen. 

Olczak, Martin: Die Akademiemorde |Originaltitel: Akademi morden |Übersetzung: Gabriele Haefs | Taschenbuch |480 Seiten | Randomhouse/btb

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